Gronau, Juli 2025 – Unter dem Motto „Neue Wege derQuartiersarbeit“ fand in Gronau ein Netzwerk-Forum statt, das Akteur:innen der sozialen Arbeit, Kommunalpolitik und Zivilgesellschaft zusammenbrachte. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen zwei Beiträge, die nicht nur den Zustand unserer Gesellschaft beleuchteten, sondern auch konkrete Visionen für mehr Miteinander im Quartier entwarfen.

 

Begrüssung der Gäste

Impulse für ein solidarisches Miteinander

Den Auftakt machte Sarah Schwope mit einem Impulsvortrag zur Frage, wie man mehr Solidarität, Ehrenamt und gemeinnütziges Engagement im Quartier aktivieren kann. Ihre Diagnose: Unsere Gesellschaft ist vielfältiger, digitaler und älterdenn je – und zugleich von zunehmender Vereinsamung und Spaltung betroffen.

 

„Unsere Gesellschaft ist bunt – aber wir verstehen einander zu wenig“, betonte Schwope. Migration, Integration, Medienkonsum und Einsamkeit seien Herausforderungen, die nicht theoretisch, sondern ganz konkret im Alltag der Nachbarschaften spürbar seien.

 

Ihr Lösungsansatz ist ebenso einfach wie wirkungsvoll: Jeder Mensch hat etwas zugeben –  dabei sei das Wichtigste, was Menschen sich einander schenken können:

 

•           Haltung – tolerant, empathisch, respektvoll.

•           Begegnung – absichtslos und präsent im Moment.

•           Beziehung – als das Fundament menschlicherGemeinschaft.

 

Mit Verweis auf Denker wie Carl Rogers, Martin Buber und Erich Fromm schlug sie die Brücke von der Theorie zur gelebten Nachbarschaftspraxis. Ihre Botschaft:

Es braucht keine perfekten Sprachkenntnisse oder großen Verpflichtungen – nur den Willen zur Verbindung.

 

Besonders betonte sie die Rolle niedrigschwelliger Angebote, die Menschen ohne große Hürden zur Teilnahme motivieren.

 

Schwope verwies in ihrer Rede auf das Konzept der SSP Schere.Stein.PapierfliegergGmbH, die sie gemeinsam mit Lidia Neudorf gegründet hat. Ziel sei es,„Begegnungsräume zu schaffen, die offen, flexibel und familienfreundlich sind“. Derzeit werden ein Co-Working-Space mit Kinderbetreuung, Nachhilfe durch Ehrenamtliche, Sportangebote für Kinder sowie Elterntreffs und soziale Beratungangeboten.

 

„Es geht darum, Strukturen zu schaffen, in denen Mitmachen einfach wird – ohne Anmeldung, ohne Schwellenangst“,

sagte Schwope. Fürs Ehrenamt braucht es keine verbindlichen und langfristigen Zusagen. Auch ein einmaliges Mitmachen oder das Schaffen einmaliger Aktionen sei möglich und willkommen.

 

Lidia Neudorf (links) und Sarah Schwope

Auch Lidia Neudorf ergänzte in ihrer Vorstellung der Organisation, dass „gelebte Nachbarschaft kein Selbstläufer ist – sie braucht Orte, Menschen und Impulse, um zu wachsen.“ Neben bestehenden Angeboten kündigten beide auch neue Ideen an: von einer Krabbelgruppe über einen Seniorentreff bis hin zu einem „Bus-Traum“, einem flexibel einsetzbaren Quartiersmobil für Aktionen, Ausflüge und Transporte. Hierfür werden derzeit Sponsoren gesucht.

 

Besonders aufmerksam wurde das Publikum, als Schwope die zukünftige Ausweitung des Angebots auf sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) und ambulante Hilfen für suchtkranke Menschen ankündigte. Erste Gespräche mit dem Jugendamt der Stadt Bergisch Gladbach und dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) seien geplant.

 

Die klare Botschaft des Abends: Quartiersarbeit muss nah am Menschen und flexibel sein. Und: Jeder kann etwas beitragen. „Erzählen Sie von uns, kommen Sie vorbei, spenden Sie oder machen Sie einfach mit“, so Schwope zum Schluss.

 

Marcel Kreutz erläutert seine Vorstellungen zur Quartiersarbeit

Kommunalpolitische Perspektive: Gronau als Zuhausegestalten

Die anschließende Keynote von Marcel Kreutz, Kommunalpolitiker und Bürgermeisterkandidat von Grünen und SPD, knüpfte nahtlos an den Impulsvortragan – und gab der Idee der Quartiersarbeit eine klare politische Verankerung. In seiner persönlichen Rede betonte er, dass es vor allem um eines gehe: das Gefühl, zu Hause zu sein.

 

Er identifizierte zwei zentrale Bausteine für eine zukunftsfähige Quartiersarbeit:

 

1. Orte der Begegnung – Keimzellen der Demokratie

Spielplätze, Bolzplätze, Sportvereine, offene Schulhöfe – all diese Orte seien nicht nur Treffpunkte, sondern echte Werkstätten für Demokratie, so Kreutz. Er nannte konkrete Projekte, etwa den Abenteuerspielplatz Gronau oder den geplanten Ausbau des Sportplatzes am Hermann-Löns-Forum, und stellte fest:

 

„Wer sich bewegt, begegnet sich. Und wer sich begegnet, gestaltet seine Stadt.“

 

2. Unterstützung für das Ehrenamt – damit Engagementnicht scheitert

Ohne das Ehrenamt sei Quartiersarbeit nicht denkbar – aber Engagement dürfe nicht an bürokratischen Anforderungen scheitern. Kreutz lobte die sozialräumliche Netzwerkarbeit sowie Einrichtungen wie das CROSS.

 

Intensiver Austausch nach den Vorträgen

Beteiligung, die wirkt

Besonders hervor hob Kreutz das ForumGronau und das Stadtentwicklungskonzept für Gronau, das in enger Abstimmung mit den Bürger:innen entstand – ein Beispiel dafür, wie frühe Beteiligung zu besseren Ergebnissen führt.

 

Zukunftsvision: Ein Quartier, das trägt

Beide Redner:innen verband das klare Ziel, Gronau zu einem Ort zu machen, an dem sich jede und jeder zugehörig fühlen kann – unabhängig von Alter, Herkunft oder Lebenssituation. Ob durch offene Sportplätze, geöffnete Schulhöfe oder informelle Nachbarschaftstreffen – der Weg zu mehr Solidarität beginnt im Kleinen.

„Quartiersarbeit bedeutet nicht, große Reden zu schwingen. Sie bedeutet, Menschen zusammen zu bringen, damit sie sich gegenseitig den Rücken stärken“,

schloss Kreutz.

 

Ausklang in Begegnung

Nach den inhaltlich dichten Beiträgen ging die Veranstaltung in den offenen Netzwerkteil über – mit Snacks, Papierflieger-Challenges und vielen persönlichen Gesprächen. Ganz im Sinne des Forums entstand dabei nicht nur Austausch, sondern echte Verbindung.

 

Fazit:
 Das Netzwerk-Forum hat eindrucksvoll gezeigt, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt vor Ort beginnt – und dass Quartiersarbeit dann gelingt, wenn Herz, Haltung und politischer Rückhalt zusammenkommen. Oder, wie es ein Teilnehmer formulierte:

„Es ist schön zu sehen, wie aus Ideen Wirklichkeit wird – und wie viele Menschen daran mitwirken wollen.“