Bezahlbarer Wohnraum in Bergisch Gladbach
Die Nachfrage nach Wohnraum in Bergisch Gladbach ist groß – und bezahlbare Wohnungen sind knapp. Wie Kommunalpolitik dazu beitragen kann, diese Herausforderung zu meistern, war Thema einer Diskussionsveranstaltung, zu der Bürgermeisterkandidat Marcel Kreutz(SPD/Grüne) ins Coworking GL eingeladen hatte. Das Interesse war groß: Immer wieder mussten zusätzliche Stühle herangeschafft werden, damit alle Gäste einen Platz fanden.
Ein fundierter Einstieg in die Problematik
Zu Beginn führte Sascha Gajewski, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen und wohnungspolitischer Akteur beim Netzwerk-Immovielien.de, in die komplexe Thematik ein. Er machte deutlich, dass die reine Verfügbarkeit von Wohnraum nicht das Kernproblem sei. Statistisch betrachtet habe die Wohnfläche pro Kopf in Bergisch Gladbach, wie bundesweit, in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen und liege heute bei 46 Quadratmetern pro Einwohner. Auch die bebauten Flächen würden den ökologisch sinnvollen Rahmen bereits weit überschreiten. „Das Problem ist also weniger die absolute Menge an Wohnraum, sondern vielmehr seine ungleiche Verteilung und die Frage, welche Flächen wie genutzt werden“, so Gajewski.
Auch die Kostenentwicklung im Neubau verdeutlicht die Schieflage: Bei teuren Grundstücken wird mit rund 6.500 Euro Gesamtkosten pro Quadratmeter heutzutage kalkuliert, woraus sich Mieten jenseits von etwa 20 Euro pro Quadratmeter ergeben – weit über der Grenze dessen, was für große Teile der Bevölkerung leistbar ist. Laut dem Handlungskonzept Wohnen von 2022 ist nach heutigen Einkommen für viele bei 12 € die Belastungsgrenze erreicht. Dabei bezieht sich Gajewski auf den sozialpolitischen Grundsatz, dass Wohnen nicht mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens beanspruchen sollte, weil sonst das Geld im Haushalt für anderes Wichtige fehle. Subventionen allein könnten und sollten die Bau- und Bodenpreisexplosion nicht ausgleichen. Seit dem Jahr 2000 seien die Baukosten um 153 Prozent gestiegen, wobei nur 32 Prozent der Baukostensteigerungen auf energetische Anforderungen zurückzuführen seien.
Stellschrauben der Kommune
Zahlreiche Stellschrauben zur Lösung des Wohnungsproblems liegen auf Bundes- und Landesebene. Die Kommunen können aber durch den steuernden Umgang mit Planungsrecht und durch aktive Bodenpolitik einen wichtigen Beitrag leisten. Am Beispiel des Zanders Geländes argumentierte Gajewski, wie die Kommune durch die Nutzung von Erbbaurechten bezahlbares Wohnen auf Dauer sicherstellen könne, wo nicht Gesellschaften wie die RBS oder Genossenschaften durch ihren Unternehmenszweck als Bauherren ein solches Ziel bereits stützen. Auf Langfristigkeit angelegte, nachhaltige Bodenpolitik sei der anerkannte Schlüssel zu einem zukunftsgerechten Wohnungsmarkt. Wichtige Impulse für wirklich neue Konzepte würden in vielen Städten von gemeinschaftlichen Wohnprojekten als junge Genossenschaften ausgehen, die in GL noch zu sehr eine Nische darstellen.
Verwaltung als Schlüssel
Im Gespräch mit den weiteren Diskutantinnen und Diskutanten – Heinz Hinterecker (Immobilienexperte), Michael Berzbach (Wohnfreunde Refrath), Doro Corts (mitein-anders) und Andreas Ebert (Vorsitzender des Planungsausschusses) – zeigte sich ein weiterer zentraler Punkt: Die Genehmigungsverfahren. Wer bauen oder umbauen wolle, sehe sich mit einer Vielzahl von Regelungen und Zuständigkeiten konfrontiert – von der Kommune über das Land bis hin zum Bund. Der Weg sei langwierig, kompliziert und voller Hürden. „Entscheidend ist die Haltung der Verwaltung: Sucht sie nach Wegen, Projekte möglich zu machen – oder verwaltet sie nur Vorschriften?“, fasste ein Teilnehmer zusammen.
Die Haltung des Kandidaten
Marcel Kreutz, selbst viele Jahre als Rechtsanwalt im Bau- und Planungsrecht tätig, griff diesen Gedanken auf. „Ich habe in meinem Berufsleben oft gesehen, dass es im Dickicht der Regelungen Gestaltungsspielräume gibt“, erklärte er. „Als Bürgermeister will ich die Verwaltung so führen, dass wir diese Spielräume nutzen – um gemeinsam mit Bürgerinnen, Investoren und Initiativen Lösungen zu finden. Nur so können wir es schaffen, in Bergisch Gladbach guten und bezahlbaren Wohnraum zu sichern.“
Fazit
Einigkeit bestand darin, dass eine lösungsorientierte Haltung in der kommunalen Verwaltung wichtig ist und in vielen Einzelfällen hilft, doch nur durch Nachsteuerung auf übergeordneten Ebenen wird längerfristig eine deutliche Besserung eintreten. Der große Zuspruch zur Veranstaltung und die Diskussion zeigen, wie sehr das Thema den Menschen in Bergisch Gladbach unter den Nägeln brennt und dass es noch einige Debatten braucht, um die Weichen in Richtung bezahlbaren Wohnens für alle zu stellen.